Oder war­um kei­ner den Lau­tes­ten mag

Neu­lich saß ich bei einer Geschäfts­füh­re­rin in Stadt­al­len­dorf. Zwei­te Gene­ra­ti­on, Tex­til­ver­ede­lung, 42 Mit­ar­bei­ten­de, davon vier, die regel­mä­ßig ihre Brot­do­se im Kühl­schrank ver­ges­sen.

Sie sah mich an und frag­te:
„Herr Dr. Klar­text, wie krie­ge ich eigent­lich Respekt? Ich geb doch alles. Bin nett, mache mit, schaf­fe mehr als die Hälf­te von denen hier. Und trotz­dem tuscheln sie in der Pau­se.“

Ich nipp­te an mei­nem zu dün­nen Fil­ter­kaf­fee und sag­te:
„Viel­leicht liegt’s dar­an, dass Sie so nett sind.“

Die gro­ße Lüge vom per­fek­ten Chef

Man­che glau­ben ja, Respekt kom­me auto­ma­tisch mit Titel, Tür­schild und den rich­ti­gen Wör­tern aus dem Chan­ge-Manage­ment-Hand­buch. Das ist in etwa so, als wür­de man glau­ben, ein Ther­mo­mix macht einen zum Ster­ne­koch.

Respekt ent­steht nicht durch Per­fek­ti­on.
Er ent­steht, wenn Men­schen mer­ken:
👉 Du meinst es ehr­lich.
👉 Du hörst zu, ohne sofort zurück­zu­schla­gen.
👉 Du kannst über dich selbst lachen.

Fünf (un)geheime Tricks für respekt­vol­les Füh­ren:

  1. Gib zu, wenn du’s ver­bockt hast.
    Nichts ist pein­li­cher als ein Chef, der mit der Excel-Tabel­le ringt, aber so tut, als sei das gewollt.
  2. Sprich, wie ein Mensch.
    Kei­ner fühlt sich geführt, wenn du sagst:

„Lass uns syn­er­ge­tisch die Hebel ent­lang der Pro­zess­ket­te nut­zen.“

Sag ein­fach:

„Wir soll­ten reden, bevor das wie­der schief­geht.“

  1. Hör zu, ohne sofort zu lösen.
    Man­che Mit­ar­bei­ten­de wol­len kein Rezept, son­dern nur jeman­den, der nicht direkt in die Out­look-Ter­mi­ne guckt, wäh­rend sie reden.
  2. Sei kon­se­quent – aber fair.
    Wenn du eine Regel hast, dann gilt sie auch für dich. Kein „Chef darf das“-Bonus. Wir sind hier nicht bei Mono­po­ly.
  3. Bring Humor mit – ech­ten.
    Nicht die Flach­wit­ze aus dem Chef­ka­len­der, son­dern den Mut, auch mal über dich selbst zu lachen, wenn du mit dem Blue­tooth-Dru­cker sprichst wie mit einem Hund: „Bit­te. Ver­bin­de. Sitz!“

Und was nicht funk­tio­niert

  • Lau­ter wer­den.
  • Mehr E‑Mails mit CC an alle.
  • Moti­va­ti­ons­pos­ter im Büro.
  • „Wir sind wie eine Familie“-Ansagen (außer, man meint eine ita­lie­ni­sche mit fünf Streit­punk­ten beim Abend­essen).

Am Ende sagt kei­ner:

„Was für ein Respekt, der hat­te immer den Plan im Griff!“

Aber vie­le sagen still:

„Bei dem konn­test du ehr­lich sein. Und er hat dich nie klein gemacht.“

Das ist Respekt.
Nicht laut. Nicht per­fekt. Aber echt.

Ihr Dr. Johan­nes B. Klar­text
(Nicht real, aber rea­lis­tisch.)