Nein, nicht die Schul­tern – das Inne­re

Ich erin­ne­re mich an ein Füh­rungs­kräf­te­trai­ning in Kirch­hain.
Die Teil­neh­mer saßen da wie bei einer schlech­ten Thea­ter­pro­be:
einer­seits bemüht, ande­rer­seits hoff­nungs­voll, dass es bald vor­bei ist.

Die Flip­chart zeig­te das Wort:
Hal­tung.

Und direkt dane­ben, in Klam­mern:

„Nicht zu ver­wech­seln mit Mei­nung oder Macht­ge­ha­be.“

Ein Teil­neh­mer flüs­ter­te mir zu:

„Meint sie jetzt Kör­per­spra­che oder Gesin­nung?“

Ich ant­wor­te­te:

„Bei­des wäre zu viel ver­langt. Ich tip­pe auf: das Rück­grat.“

Füh­rung durch Hal­tung – was soll das denn sein?

Man­che den­ken, Hal­tung sei, wenn man beson­ders gera­de steht und beim Spre­chen nicht blin­zelt.
Oder wenn man beim Mit­ar­bei­ter­ge­spräch in CEO-Spra­che sagt:

„Ich sehe da Poten­zia­le in Ihrer Ambi­va­lenz.“
(Heißt: Ich hab kei­ne Ahnung, was du da eigent­lich tust, aber kün­di­gen will ich dich auch nicht.)

Für mich ist Hal­tung was ande­res.

Hal­tung ist,
wenn Sie mor­gens ent­schei­den, kein Depp zu sein.
Und sich mit­tags noch­mal aktiv dage­gen ent­schei­den.
Und abends, wenn die Zah­len nicht stim­men und der Kol­le­ge nervt,
trotz­dem den Ton wah­ren.

Drei Bei­spie­le aus dem ech­ten Leben:

1. Die Hal­tung, sich zu ent­schul­di­gen, wenn man Mist gebaut hat.
Nicht: „Sor­ry, wenn Sie das falsch ver­stan­den haben.“
Son­dern: „Ich hab da dane­ben gele­gen. Dan­ke, dass Sie’s anspre­chen.“

2. Die Hal­tung, Ent­schei­dun­gen zu tref­fen, auch wenn’s unbe­quem ist.
Nicht: „Da machen wir noch­mal einen Work­shop.“
Son­dern: „Ich tra­ge das jetzt. Und ich ste­he dafür gera­de.“

3. Die Hal­tung, nicht alles mit Hal­tung zu begrün­den.
Nur weil jemand so ist, heißt das nicht, dass er sich nicht ändern muss.
(Nar­ziss­ten, Micro­ma­na­ger und Wich­tig­tu­er auf­ge­passt.)

Aber was, wenn mei­ne Hal­tung nicht gemocht wird?

Dann sind Sie auf dem rich­ti­gen Weg.

Wirk­li­che Hal­tung macht nicht immer beliebt.
Aber sie macht ver­läss­lich.
Und Ver­läss­lich­keit ist in der Arbeits­welt das neue Cha­ris­ma.
(Schon weil die Leu­te mit ech­tem Cha­ris­ma oft frü­her oder spä­ter Con­sul­tant wer­den.)

Mei­ne Klar­text Empfehlung

Gehen Sie Ihre Hal­tung durch wie Ihre Zäh­ne beim Zahn­arzt: regel­mä­ßig, gründ­lich und ohne Aus­re­den.

Fra­gen Sie sich:

  • Was tue ich, wenn kei­ner zuschaut?
  • Wie spre­che ich über ande­re – vor ande­ren?
  • Wie lan­ge braucht mein Mut, um in Füh­rung zu gehen?

Und wenn Sie mer­ken, dass Sie Hal­tung zei­gen könn­ten, aber sich nicht trau­en,
dann tun Sie’s ein­fach trotz­dem.

Es könn­te der Unter­schied sein
zwi­schen einem Team, das für Sie arbei­tet –
und einem, das mit Ihnen geht.

PS:

In Land­kreis Mar­burg-Bie­den­kopf sagt man nicht viel über Hal­tung.
Man zeigt sie.
Mit Schwei­gen.
Mit Stur­heit.