Es war ein­mal ein König, der von vie­len Bera­tern und Höf­lin­gen umge­ben war. Sie sag­ten ihm stets, wie klug und mäch­tig er sei, und dass jede sei­ner Ent­schei­dun­gen wei­se und rich­tig war. Egal, was der König vor­schlug – ob es nun ein neu­es Gesetz oder ein gro­ßes Bau­werk war – nie­mand wider­sprach ihm. Sei­ne Bera­ter nick­ten nur und lob­ten ihn in den höchs­ten Tönen.

Eines Tages kam ein alter, wei­ser Mann an den Hof. Der König, neu­gie­rig auf die Weis­heit die­ses Man­nes, ließ ihn zu sich rufen.

„Alter Mann,“ sprach der König, „sag mir, was du über mei­ne Herr­schaft denkst. Man sagt, ich sei der wei­ses­te aller Köni­ge.

Der alte Mann sah den König lan­ge an, lächel­te mild und sag­te dann: „Majes­tät, es scheint, als wür­dest du stets das Rich­ti­ge tun. Du hast eine Gabe, groß­ar­ti­ge Ent­schei­dun­gen zu tref­fen.“

Der König strahl­te vor Stolz. „Natür­lich! Das sagen mir alle.“

Doch der alte Mann fuhr fort: „Aber ich fra­ge mich – wann hast du das letz­te Mal einen Feh­ler gemacht?

Der König run­zel­te die Stirn. „Feh­ler? Ich mache kei­ne Feh­ler! Mei­ne Bera­ter, mei­ne Minis­ter, sie alle stim­men mir zu. Jeder mei­ner Schrit­te wird sorg­fäl­tig geprüft.“

Der alte Mann nick­te. „Und genau das, Majes­tät, ist dein größ­ter Feh­ler.“

Ver­wirrt frag­te der König: „Wie kann das sein?“

Der Wei­se erklär­te: „Wenn nie­mand dir wider­spricht, wenn nie­mand es wagt, dir ‚Nein‘ zu sagen, wie kannst du sicher sein, dass du die Wahr­heit kennst? Die Weis­heit liegt nicht im immer­wäh­ren­den Zustim­men, son­dern im Mut, auch das Unbe­que­me zu hören. Ein König, der nur das Ja sei­ner Bera­ter hört, wird blind für die Wirk­lich­keit.