Es war ein­mal ein alter Töp­fer­meis­ter namens Harun, der in einem klei­nen Dorf am Fuße eines gro­ßen Ber­ges leb­te. Harun war bekannt für sei­ne wun­der­schö­nen Töp­fe, die er mit Geduld und Lie­be form­te. Doch eines Tages geschah etwas, das sein Leben für immer ver­än­dern soll­te.

Ein schwe­res Erd­be­ben erschüt­ter­te das Dorf. Die Erde beb­te so stark, dass Haruns Werk­statt ein­stürz­te und all sei­ne Töp­fe zer­bra­chen. Jah­re har­ter Arbeit lagen in Scher­ben vor ihm. Die Dorf­be­woh­ner eil­ten her­bei, um ihm zu hel­fen, doch Harun saß still zwi­schen den Trüm­mern und betrach­te­te die zer­bro­che­nen Stü­cke.

„Harun,“ sag­te ein Nach­bar, „das ist eine schreck­li­che Kata­stro­phe! Du hast alles ver­lo­ren!“

Doch Harun lächel­te sanft und ant­wor­te­te: „Viel­leicht ist es kei­ne Kata­stro­phe. Viel­leicht ist es genau das, was ich brau­che.“

Die Leu­te schüt­tel­ten den Kopf und flüs­ter­ten unter­ein­an­der. Wie konn­te jemand so gelas­sen blei­ben ange­sichts eines sol­chen Unglücks? Doch Harun begann, die Scher­ben ein­zu­sam­meln. Tag für Tag arbei­te­te er dar­an, sie zu rei­ni­gen und neu zu ord­nen.

Eines Tages hat­te er eine Idee. Er begann, die Bruch­stü­cke zu einem Mosa­ik zusam­men­zu­fü­gen. Stück für Stück ent­stan­den dar­aus kunst­vol­le Wand­bil­der, die noch schö­ner waren als sei­ne alten Töp­fe. Die Far­ben der zer­bro­che­nen Kera­mik leuch­te­ten in der Son­ne und erzähl­ten Geschich­ten von Zer­stö­rung und Wie­der­auf­bau.

Bald kamen Men­schen aus fer­nen Städ­ten, um Haruns Wer­ke zu sehen. Sei­ne Kunst wur­de berühmt, und er wur­de wohl­ha­ben­der als je zuvor. Doch wenn jemand ihn frag­te, wie er nach dem Ver­lust sei­ner Werk­statt so etwas Schö­nes schaf­fen konn­te, sag­te er:

„Ich habe gelernt, mein Schick­sal zu lie­ben – nicht nur die guten Tage, son­dern auch die schwe­ren. Als alles aus­ein­an­der­fiel, habe ich erkannt: In den Scher­ben liegt eine neue Mög­lich­keit. Es ist nicht das Unglück selbst, das uns zer­stört, son­dern unser Wider­stand dage­gen.“

Und so lehr­te Harun die Men­schen sei­nes Dor­fes eine wich­ti­ge Lek­ti­on: Lie­be dein Schick­sal – nicht nur dann, wenn es dir wohl­ge­son­nen ist, son­dern auch dann, wenn es dich her­aus­for­dert. Denn gera­de in den schwie­rigs­ten Momen­ten zeigt sich dei­ne wah­re Stär­ke.